„Hüttenkartoffeln“ woher kommt der Name?
Viele Geschichten aus den Glashütten wurden von den Hüttenmitarbeitern weitergegeben. Einige davon erfahren Sie bei einer Führung durch unser Glasmuseum.
Eine kulinarische Besonderheit aus der Hüttenzeit sind die sogenannten „Hüttenkartoffeln“, welche auch viele Jahre später noch in der lokalen Gastronomie serviert wurden. Doch woher kommt der Name?
Heute vor 30 Jahren berichtete Hermann Kück – langjähriger Mitarbeiter und Hüttenmeister der Marienhütte
(20.03.1992)
„Diese Frage könnte ich mit einem Satz beantworten, aber ich bin gewiss, Sie könnten damit nichts anfangen. Ich würde es nämlich so ausdrücken:
Hüttenkartoffeln sind solche, die auf den Muffelplatten in den Kühlöfen geröstet wurden und von den Glasbläsern verzehrt wurden.
Nun zur Sache: Wenn hier von Kühlöfen gesprochen wird, dann hat das nichts mit Kühle bzw. Kälte zu tun. Im Gegenteil, in diesen Kühlöfen herrschten immerhin noch einige hundert Grad Celsius. Sie waren mit sogenannten Muffelplatten, aus Schamotte hergestellt, ausgelegt.
Diese Kühlöfen dienten dazu, die hergestellten Flaschen in große Blechtonnen, in der Regel 3 Stück, aufzunehmen und ihnen so langsam die Oberflächenspannung zu nehmen. Ohne diese Behandlung würden die Flaschen zerplatzen. Die Kühlöfen waren durch Gas beheizt, welches in Generatoren, damals dem Torf einzogen, erzeugt wurde.
Nun zurück zu den Glasbläsern. Sie waren arm und wanderten von einer Hütte zur anderen. Oft war es ein buntes Völkchen, das in solch einer Glashütte tätig war. Sie kamen aus Böhmen, der Lausitz, Thüringen, aus dem Weserbergland und vielen anderen Gegenden. So auch hierher zur Glasfabrik Hermann Lamprecht in Gnarrenburg. Gearbeitet wurde von morgens 3 Uhr bis nachmittags 3 Uhr, dann ging es mit der nächsten Schicht von 3 Uhr nachmittags bis 3 Uhr morgens weiter. Wenn sie dann nachts um 12 Uhr eine Pause eingelegten, ließen sie sich von ihren Einträgern ihre Hüttenkartoffeln herrichten. Diese wurden, wie oben bereits erwähnt, in den Kühlöfen geröstet. Dazu mussten sie laufend mit einem Holzschieber bewegt werden. Und dann saßen sie auf ihren Holzkisten und ließen es sich schmecken. Durch die Technisierung gab es dann die Kühlöfen nicht mehr.
Bei einem Gespräch zwischen der Wirtin und mir, wurde dann beschlossen, durch den Ofenmaurer der Firma Manfred Hubricht, einen eigens für Hüttenkartoffeln geeigneten Ofen zu bauen. Das Material hierfür konnte von der Geschäftsleitung der Firma erworben werden. 1976 machte der Betrieb die Öfen aus. Aller Fleiß der Glasarbeiter nutzte nichts, man war am Ende. 100 Jahre hatte die Firma überlebt.
Die Marienhütte, unsere liebe alte Marie, ist nicht mehr.
Was geblieben ist sind die Hüttenkartoffeln und liebe Erinnerungen.“